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Lose statt Reservierungen!

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 13.06.2025

Jährlich wiederkehrende Rituale tragen zum Seelenwohl bei. Die Pfingstferien sind nicht von ungefähr ein fester Anker im Leben vieler Familien. Zu Pfingsten wollen so ziemlich alle Familien weg. Und genau deshalb ist das mit dem Wegkommen eine eher zähe Angelegenheit. Denn je mehr wegwollen, umso mehr Stillstand. Für die Strategen der Deutschen Bahn scheint dies jetzt aber ein nicht mehr hinnehmbarer Zustand zu sein. Warum Familien mit Schulkindern Ferien als ideale Reisezeit sehen, will einfach nicht in die Köpfe der Bahn-Manager. Wieso kann man nicht einfach zwei Wochen lang daheimbleiben, die Klappe halten und sich darüber freuen, dass man nicht in einem Katastrophengebiet lebt?
Weil Bahn-Manager kluge Leute sind, haben sie einen effektiven Hebel gefunden, um in Zukunft Pfingsten nicht mehr zum Synonym für Dauerärger zu machen: Die günstigen Platzreservierungen für Familien sollen der Vergangenheit angehören, damit weniger Familien sich in der Bahn breit machen. Das soll zu spürbaren Entlastungen in den Zügen führen. Vom sinkenden Lärmpegel ganz zu schweigen. Das mögen jetzt einige als Schikane sehen. Aber wer die Angelegenheit konstruktiv betrachtet, wird schnell begreifen: Das ist ein Beitrag der Deutschen Bahn zur Volksgesundheit. Monieren doch schon seit Jahren alle Kinderärzte diesseits des Atlantiks, dass sich die deutschen Kinder immer weniger bewegen. Warum also nicht mit dem Fahrrad in den Urlaub fahren? Gerade die Deutsche Bahn hat da eine hervorragende Infrastruktur geschaffen, weil sehr viele stillgelegte Gleisstrecken zu Fahrrad-Highways umgewidmet wurden.
Wer dennoch unbedingt mit Kindern in der Bahn verreisen will, kann es machen wie in den guten alten Zeiten: Die Kinder kommen oben ins Gepäckfach oder ins Fahrradabteil. Eigentlich müsste die Bahn Platzreservierungen generell streichen. Denn was hilft die schönste Reservierung, wenn der Zug wie so oft entweder gar nicht oder einen Tag zu früh oder zu spät kommt? Wer was reserviert, leitet daraus automatisch ein gewisses Recht ab. Die Bahn weiß aber schon vorher, dass sie eher eine Lotterie denn ein planbares Geschäftsmodell betreibt. Warum dann nicht gleich Reservierungen durch Lose ersetzen? Das sorgt bei der Kundschaft für einen gewissen Nervenkitzel. Denn jeder rechnet mit einer Niete – ohne dabei an einen CSU-Verkehrsminister zu denken.