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kicker Abpfiff – März 2024

Kolumne im kicker vom 15.03.2024

Wenn im Fußball von einem Hoeneß die Rede ist, denkt man sich fast automatisch einen Uli dazu. Dabei sollte die Gegenwart von Uli Hoeneß längst anders aussehen. Denn eigentlich will er seit seinem Ausscheiden als Generalmanager nur eines: Als Fan jubeln, wenn sein FC Bayern in Führung geht. Und sich danach zurücklehnen und in die Bratwurst beißen. Nur ist das mit der Führung so eine Sache seit einigen Wochen. Ein Führungstreffer in der Liga schien eher destabilisierend zu wirken auf die Führungsspieler. Aber dieser Verein versteht es, pragmatisch an den richtigen Stellschrauben zu drehen. Mit der vorzeitig angekündigten Trennung vom Trainer signalisiert die Führung (!), wie sie sich den Rest dieser Saison vorstellt: Als Ferienfreizeit, um sich in aller Ruhe nach einem neuen Trainer umschauen zu können. Denn eine Trennung mitten in der Saison hat schließlich vor gut einem Jahr unerwartete Nebenwirkungen gezeigt. Tuchel ist ja nicht geholt worden, weil er der Wunschtrainer war. Sondern weil er grad Zeit hatte. Denn das Leben ist kein Wunschkonzert. Und das Fußballerleben erst recht nicht. Ehemalige Führungsspieler wie Goretzka und Kimmich haben Lobeshymnen auf Nagelsmann gesungen. Und damit angedeutet, dass sich Tuchel bitte andere Führungsspieler suchen möge, falls er auf dem Platz in Führung gehen will. Doch weder eine Holding Six noch eine Grätsching Five wurde Tuchel genehmigt. Und jetzt soll der Trainer schuld sein. Weil beim FC Bayern immer Platz für Romantik ist, geistert der Name Sebastian Hoeneß an der Säbener Straße herum. Der neue Trainer muss nämlich da hingehen, wo es wehtut. Zumal davon ausgehen ist, dass der Tuchel-Nachfolger nach der Heim-EM eine gute Handvoll traumatisierter Nationalspieler vorfinden wird. Da fällt einem unweigerlich Sebastians Papa Dieter ein, wie er 1982 mit Kopfverband, drei angebrochenen Rippen und vier ausgekugelten Knien den FCB zum Pokalsieger köpfte. Sollte ein bisschen Verlass auf die Genetik sein, hätte Sebastian also das passende mentale Setup. Er hat seine Vertragsverlängerung beim VfB rational gut begründet. Aber sein Onkel Uli wird ihm gegebenenfalls klar machen: Entscheidend ist nicht der Kopf, sondern der Bauch.