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Kabinettigkeiten

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 15.11.2024

Die SPD gönnt sich zwei Aspiranten für das Kanzleramt: Olaf Scholz (Kanzler der Tristesse) und Boris Pistorius (Kanzler der Herzen). Diese Herren belegen nicht zufällig den ersten und den letzten Platz auf der Beliebtheitsskala. Die SPD-interne Rechnung besagt: Sollte bis zum Wahltag pure Euphorie ausbrechen, marschiert Scholz durch. Bleibt es bei der eher deprimierten Grundstimmung, kann sich ein Pistorius siegessicher fühlen. Das Szenario, das einen Merz von der CDU als Kanzler vorsieht, existiert in der SPD-Spitze sowieso nicht. Die Grünen hingegen wollen gar keinen Bundeskanzler, sondern viel lieber einen Kanzler für die Menschen. Und der kann aus grüner Sicht nur Robert Habeck heißen. Um die glasklaren Ambitionen zu verschleiern, trägt Habeck in seinem längst gelöschten PR-Video ein Armbändchen, auf dem „Kanzler Era“ zu lesen ist statt „Menschen Ära“.
Wer auch immer im Kanzleramt landet: Er muss rasch ein Kabinett zusammenschustern. Und zwar eines, das vor allem unterhaltsam ist. Donald Trump hat ja einmal mehr bewiesen, dass in der großen Politik Entertainment statt Regieren gefragt ist. Viele Kritiker werfen einem Olaf Scholz vor, auf das Regieren zu verzichten. Schwerwiegender sind die fehlenden Showelemente. Der nächste Kanzler kann sich jetzt schon bei Trump abschauen, wie ein amüsantes Kabinett auszusehen hat. Ein TV-Arzt mit türkischem Migrationshintergrund wird zum Beispiel so eine Art Gesundheitsminister. Analog dazu würde sich in Germany natürlich der „Bergdoktor“ anbieten. Hans Sigl beweist seit 2008 im ZDF, dass er mit der Allgemeinmedizin vertraut ist. Als gebürtiger Österreicher bringt er auch eine Prise Exotik mit. Fürs Verteidigungs- und Verkehrsministerium hat Trump zwei TV-Moderatoren auserkoren. Fallen einem als deutsche Pendants nicht automatisch Markus Lanz oder Johannes B. Kerner ein? Wobei: Das Verkehrsministerium sollte vielleicht doch besser wieder in CSU-Hand sein. Allein der kreative Umgang mit dem Thema Autobahnmaut zeigt: Wenn es um Halligalli und Remmidemmi geht, macht der CSU keiner was vor. Laut Markus Söder soll Alexander Dobrindt sowieso ein wichtiges Ministerium bekommen. Dobrindt wäre als einstiger Vorgänger von Andreas Scheuer sofort drin in der Materie. Er war es auch, der das Maut-Thema seinerzeit so richtig angeschoben hat. Zwar Richtung Abgrund – aber immerhin!