Kolumnen

donaukurier

Habeck, der Projektor

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 10.01.2025

Bis zur Bundestagswahl ist nicht mehr viel Zeit. Dazu kommt demnächst der alljährliche Zirkus mit Fasching, Karneval & Co. Das bedeutet: Die Kanzlerkandidaten müssen sich umso mehr einfallen lassen, um auf sich aufmerksam zu machen. Was zählt, sind eindeutige Bilder und simple Botschaften. Wenn also ein Robert Habeck jetzt in München das Siegestor mit seinem Konterfei verziert, weiß das Volk sofort Bescheid: Hier ist einer, der auf Sieg spielt. Dass das eine illegale Aktion ist, interessiert eigentlich nur am Rande. Denn Legalität ist mittlerweile ein Luxus, den sich kaum wer leisten kann. Drum haben es auch Intensivtäter besonders gemütlich in Deutschland. Für Straftaten, in denen sie in anderen Ländern die volle Härte des Gesetzes spüren würden, gibt es in Deutschland nicht selten einen erhobenen Zeigefinger und ansonsten gerne mal Bürgergeld. Gerade weil die Justiz auch hoffnungslos überlastet und/oder unterbesetzt ist. Dass sich da auch ein Habeck wenig um Gesetze schert, sondern einfach mal macht, passt da gut ins Bild. Wenn ein Trump mit derlei Methoden mit großem Getöse wiedergewählt wird, spricht nichts gegen Nachahmer in Germany.
Dass sich Habeck auf der Siegestor-Projektion als Bündniskanzler bezeichnet, zeugt wiederum vom feinen Humor des Norddeutschen. Schließlich ist er ja als Minister in einem Bündnis erfolgreich gescheitert. So sehr die CSU diese Guerilla-Aktion von Habeck als Affront sehen mag, ist sie eigentlich eine Hommage des Grünen an Bayern. Das Siegestor wurde ja als Hommage an das bayerische Heer erbaut. Damit will Habeck durch die Blume (oder durch die Kanone) sagen: Ohne Bayern kann Deutschland definitiv einpacken. Und ohne bayerische Gunst wird Habeck sehr wahrscheinlich nicht mal Pförtner im Umweltministerium. Er wünscht sich also nichts sehnlicher als die Unterstützung eines Markus Söder. Und der mag bekanntlich Siegertypen. Daher die Projektion aufs Siegestor statt zum Beispiel aufs Hofbräuhaus. Das wäre eher als Attacke auf das bayerische Bier gewertet worden. Weil die Grünen ja auch die Legalisierung von Cannabis als Konkurrenzprodukt zum klassischen bayerischen Starkbier durchgesetzt haben. Nur: Wie soll jetzt Habeck die Sympathien eines Söder gewinnen? Vielleicht mit einer neuen Projektion aufs Brandenburger Tor. Als unmissverständlichen Text dazu: „Kanzler unter Söder“.