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Faxen dicke
Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 15.11.2024
Es geschehen noch Zeiten und Wunder: Der Zeitplan für die Bundestagswahl steht! Wohlgemerkt: Hierbei handelt es sich um einen Plan. Ob es tatsächlich so kommt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Wobei Blatt in dem Zusammenhang ein gutes Stichwort ist. Denn auf einmal spielte Papier eine nicht unwesentliche Rolle. Olaf Scholz hoffte nämlich, seine Abwahl könnte sich aufgrund von Papiermangel um einige Jahre verzögern. So abwegig war dieser Gedanke nicht, weil der Mangel an sich längst zum Aushängeschild der Ampelkoalition geworden ist. Und Deutschland braucht nun mal traditionell brutal viel Papier dank eines Alleinstellungsmerkmals: In keinem zivilisierten Land der Welt sind annähernd so viele Faxgeräte im Einsatz! Deshalb kam bei der Bundeswahlleiterin die Befürchtung auf, dass Neuwahlen in diesem Jahrzehnt womöglich nicht machbar seien.
Besonders brisant wurde das Thema, weil der (jetzt ehemalige) Finanzminister Lindner auch noch ein Papier in die Welt gesetzt hat. Fatalerweise soll Lindner das Papier sogar mehrfach kopiert haben. Obwohl sein Büroleiter ihn gebeten haben soll, das Papier aus Nachhaltigkeitsgründen lieber zu faxen statt zu kopieren. Über diese Verschwendung soll sich der Kanzler so aufgeregt haben, dass er daraufhin Christian Lindner gefeuert hat. Scholz hatte sozusagen die Faxen dicke.
Glücklicherweise hat die deutsche Papierindustrie schnell Entwarnung gefaxt. Es stünden massig Produktionskapazitäten bereit, damit Olaf Scholz keinen einzigen Tag länger im Kanzleramt sitzen müsse. Für die Union war das eine frohe Botschaft. Die Bundeswahlleiterin steht aber jetzt da wie eine Mischung aus begossenem Pudel und Papiertiger. Und doch wollten Friedrich Merz und Markus Söder auf Nummer sicher gehen. An alle Ortsvereine der CDU und CSU ging der Aufruf, man möge bitte vorrätiges Papier in die Parteizentrale faxen. Besonders ambitionierte Parteimitglieder dürfen sogar schon vorab das Kreuzchen bei CDU/CSU setzen.
Von der Papierform her ist der Wahlausgang also klar. Selbst Christian Lindner hat schon bestätigt: Die Wahl ist gelaufen. Weil ein Kanzler, der einen Lindner entlässt, sowieso jedes Anrecht auf weiteres Regieren verwirkt habe. Und Deutschland kann sich glücklich schätzen. Denn ein Blick nach Amerika zeigt: Wo die Digitalisierung weit fortgeschritten ist, gehen Wahlen sehr seltsam aus.