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Erst posten – dann essen!
Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 18.04.2025
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und der bayerische Ministerpräsident erst recht. Gerade wenn es ums Essen geht. Markus Söder wollte eigentlich nur seinem international herausragenden Ruf als Foodblogger gerecht werden auf seiner Indien-Reise. Weil die meisten Inder kaum was von Söders Nebenbeschäftigung als Freistaatsoberhaupt wissen, standen vor allem kulinarische Exkursionen auf der Tagesordnung. Nur hat das eben den Söderschen Magen irritiert. Neben fränkischer und bayerischer Feinkost sind Söders Innereien nämlich Döner und Burger gewohnt. Noch exotischere Köstlichkeiten tauchen auch bei stundenlanger Sichtung von Söders sozialen Leitmedien nicht auf.
Glücklicherweise konnte sich der wichtigste Verdauungsapparat der CSU relativ zügig erholen. Wahrscheinlich hat der CSU-Chef auf Auslandsreisen einen Notfallkoffer mit Nürnberger Bratwürsten dabei, um sofort stabilisierende Gegenmaßnahmen ergreifen zu können. Denkbar ist auch, dass Söder zeitnah eine Infusion mit seiner Lieblings-Dönersoße bekommt, damit er aufgepäppelt wird. Food-Psychologen zufolge könnte es aber in Indien auch eine psychosomatische Reaktion gewesen sein. Denn Söders Organismus kennt bislang eine einfache Regel: Gegessen wird nur, was auch vorher fotografiert und dann gepostet wird. Da nun Söder in Indien was zu sich genommen hat, ohne die Welt via Instagram daran teilnehmen zu lassen, wird das vom Hinterhirn verwundert zur Kenntnis genommen worden sein. Denn das Hinterhirn ist für die Verdauung zuständig. Da mag sich das Hinterhirn gedacht haben: Wenn der Söder etwas isst, aber es nicht postet, ist was faul an der Sache – also nix wie raus damit!
Speziell die variantenreiche indische Küche kennt nicht nur unzählige Schärfegrade, sondern noch deutlich mehr Gewürzarten. Daraus lässt sich etwas lernen für zukünftige Auslandsexpeditionen. Markus Söder darf solche Staatsbesuche nicht mehr auf nüchternen Magen bestreiten. Ein mindestens einwöchiges Trainingslager in einem indischen Restaurant in München oder Nürnberg wäre eine sinnvolle Vorbereitung. Das als Live-Doku-Soap im indischen Staatsfernsehen – und schon freuen sich eine Milliarde Inder und Inderinnen auf den Besuch aus Bayern. Umgekehrt wird sich dadurch auch der indische Markt für bayerische Spezialitäten öffnen. Kurzum: Eine Ära der Weißwurst-Diplomatie steht bevor!