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Erfolgsmodell Stromausfall

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 17.05.2024

Die Fakten liegen auf dem Tisch: Es herrscht Fachkräftemangel. Und diejenigen Fachkräfte, die nicht fehlen, weil sie da sind, wollen weniger arbeiten. Am liebsten vier Tage pro Woche statt der üblichen fünf bis acht. Was aber nicht so recht in dieses Szenario passen will: Eigentlich ist zu viel Arbeit da. Da trifft es sich umso besser, wenn der Wirtschaftsminister selber auch noch Energieminister ist. Wahrscheinlich hat Robert Habeck nicht wenige Selbstgespräche geführt, um die Quadratur des Fünfecks doch noch hinzukriegen. Die Quadratur des Kreises wäre ihm natürlich noch lieber. Aber der Gedanke an sich ist schon Makulatur. Ein Kreis ist nämlich rund. Aber rund läuft schon lange nichts mehr in der Ampelkoalition. Wenn jeder Koalitionspartner klare Kante zeigen will, müssen also Ecken statt Rundungen her.
Bei der Suche nach Lösungen im mehrstimmigen Koalitionswirrwarr entpuppt es sich einmal mehr als Vorteil, dass der Wirtschaftsminister den Dialog mit dem Energieminister nicht abreißen lässt. Langer Rede kurzer Sinn: Damit der Wirtschaftsminister Habeck wieder ruhig schlafen kann trotz fehlender qualifizierter Arbeitskräfte, muss der Energieminister Habeck einfach weniger Energie zur Verfügung stellen. So reduziert sich automatisch die anfallende Arbeit. Genau das scheint Habeck wunderbar hinzukriegen, ohne dass er sich im Lichte seines Erfolgs öffentlich feiern lassen will. Das Habecksche Erfolgsrezept: Stromausfälle! Eine ganz frische Umfrage der Deutschen Industrie- und Handelskammer unter 1000 Unternehmen stellt dem Energieminister ein herausragendes Zeugnis aus. Knapp die Hälfte dieser Betriebe kann Stromausfälle im letzten Jahr vorweisen. Gut ein Viertel der Unternehmen bestätigt sogar längere Stromausfälle. Nur dank solcher Phänomene ist es gewährleistet, dass sich immer mehr Arbeitskräfte regelmäßig eine kleinere oder größere Auszeit während der offiziellen Arbeitszeit gönnen können. Diese Erholungsphasen sind die optimale Prävention gegen Stress und Burnout. Die Ursachen für die allermeisten Stromausfälle werden sinnvollerweise nie publiziert. Um die Vier-Tage-Woche langfristig zu etablieren, wären freitags ganztägige Stromausfälle angebracht. Das wäre eine sichere Kalkulationsgrundlage. Denn Unsicherheit ist für die Wirtschaft das, was für den FC Bayern die Trainersuche ist: Trostlosigkeit pur.