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Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 04.01.2024

Deutschland ist gemütlich ins neue Jahr gestartet. Die Bundeshauptstadt hat sogar die Silvesternacht überstanden. Das Aufgebot an Sicherheitskräften war allerdings einzigartig. Besucher aus dem Ausland mögen vermutet haben, dass ein Bürgerkrieg bevorsteht. Eigentlich könnte die Bundeswehr auf Herbstmanöver verzichten und stattdessen den 31.12. einfach in Berlin verbringen. Allzu martialisch würde das sowieso nicht ausfallen. Und auch um den Straßenbelag bräuchte sich niemand Sorgen machen. Denn Panzer der Bundeswehr sind ja entweder in der Ukraine (im Ausnahmefall) oder in der Werkstatt (im Regelfall). Aber so ein Haufen junger Bürger in Uniform würde jenen Stadtteilen, die schon deutlich bessere Zeiten gesehen haben und jetzt gerne von erlebnisorientierten Jugendlichen repräsentiert werden, guttun. Das subjektive Sicherheits- und Feiergefühl würde bestimmt nicht darunter leiden. Das Thema öffentliche Sicherheit nimmt ein Bürgermeister von der CDU nach seinen Worten ernster als die Vertreter der rot-grünen Vorgängerregierung. Sonst hätte wohl am 1. Januar der Bundeskanzler mit besorgter Miene durch ein demoliertes Kreuzberg spazieren und vor laufender Kamera rasche Wiederaufbauhilfen versprechen müssen. So aber konnte er sich auf das hochwasserdominierte Niedersachsen konzentrieren. Dass zufällig ein Haufen Journalisten auch dabei war, mag den miesen Umfragewerten geschuldet sein. Diese Journalisten verbreiten jetzt wiederum Bilder, die einen für Scholz suboptimalen Eindruck verbreiten: Hier ist ein Kanzler, dem das Wasser bis zum Halse steht. In seiner Neujahrsansprache hat er das indirekt auch zugegeben. „Wir in Deutschland kommen da durch“ waren seine Worte. Dadurch legt er die Messlatte für seine Regierungsperformance wohltuend weit nach unten. Wer Scholz zugehört hat, richtet sich eher auf ein Durchwurschteln ein. Wahrscheinlich hatte er kurz vor der Neujahrsrede noch die neuesten Umfrageergebnisse für seine SPD bekommen: Sechs Prozent in Bayern, drei Prozent in Sachsen – wer daraus einen Regierungsauftrag im Land, Bund oder sonst wo ableiten will, muss in den Tagen vor Silvester den Glühwein nicht tassenweise genossen, sondern eimerweise runtergeschüttet haben. Soll heißen: Der Kanzler kann sich auf 2024 freuen, weil niemand mehr was erwartet von ihm. Dieses Gefühl kannte bislang nur die DFB-Elf.