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Digitalisierung – bei den Lehrern klappt´s!

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 18.07.2025

Was tun gegen den Fachkräftemangel? Wie lässt sich der demographische Wandel aufhalten? Diese Fragen sind zwar seit Jahren Dauerbrenner. Doch scheinen sie diese Woche nochmal an Brisanz zugelegt zu haben. Zunächst ist eine schräge Zahl aufgetaucht: 1,23 – so viele Kinder kriegen deutsche Frauen, die aus persönlichen Gründen auf einen Migrationshintergrund verzichten, im Durchschnitt. Da muss man nicht Statistik studiert haben, um zu begreifen: Deutsche und Deutschinnen wird es immer weniger geben, je ferner man in die Zukunft blickt. Die nähere Zukunft hingegen ist gezeichnet von Lehrermangel und immer mehr Schülern und Schülerinnen, die mit der deutschen Sprache so gut klarkommen wie die Union mit der SPD. Zwischenfazit: Zu wenige Lehrer im Hier und Jetzt gilt es zu harmonisieren mit zu wenig Schülern im Hier und Später.
Wie mit diesem Umstand nicht nur provisorisch, sondern langfristig effizient umzugehen ist, zeigt Baden-Württemberg ausdrücklich und eindringlich. Im Ländle war der grüne Ministerpräsident Kretschmann so klug, eine Bayerin zur Bildungsministerin gemacht zu haben. Und diese Dame hat dieser Tage ein Konzept präsentiert, wie trotz Lehrermangel genug Lehrkräfte eingesetzt werden können: Mit Phantomlehrern! Sage und schreibe 1440 Lehrerstellen waren offiziell besetzt – aber nicht vorhanden. Das klingt wirr, ist aber eigentlich nur ein Beleg, wie gut Digitalisierung bereits funktioniert. Diese Lehrkräfte existieren seit zwei Jahrzehnten quasi nur im Computer des zuständigen Ministeriums, aber nicht in der Realität. Das darf als Plädoyer gelten, dass Politik sich gar nicht mit der Realität auseinandersetzen muss, um brauchbare Resultate hervorzubringen. Lässige 20 Jahre blieb diese Lücke zwischen Soll- und Ist-Zustand unbemerkt. Was aber nachvollziehbar ist. Denn wie sollen Lehrer, die es nicht gibt, auf sich aufmerksam machen? Umso bemerkenswerter, dass die Phantomlehrer auch den Schulleitern nicht aufgefallen sind. Das erklärt den erdrutschartigen Absturz von Baden-Württemberg in sämtlichen Bildungsrankings seit 2011. Hier zeigt sich die schwäbisch-badische Weitsicht. Wenn nämlich bald die Schülerzahlen (es sei erinnert: 1,23!) in den freien Fall übergehen, müssen im Südwesten keine echten Lehrkräfte entlassen werden. Es reicht, im Computer des Bildungsministeriums die Löschtaste zu drücken.