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Differenzieren oder Regieren?

Eigentlich weiß es jeder: Es gibt nicht nur Schwarz und Weiß im Leben. Das klingt brutal banal, muss aber in Zeiten von Verkürzungen in sozialen Medien immer wieder betont werden. Wenn es um Differenzieren statt Diffamieren geht, sollte da die Politik natürlich mit gutem Beispiel vorangehen. Tatsächlich darf sich die Bundesregierung als Vorbild für den Rest der Welt betrachten. Würde eine Koalition geräuschlos und wie aus einem Guss agieren, wäre Skepsis angebracht. Denn welche Auswirkungen hätte das beispielsweise auf die Wirtschaft? Die Unternehmen hätten eine Ahnung, wohin die Reise gehen soll. Und dementsprechend würden Investitionen nicht nur geplant, sondern auch flott umgesetzt. Unternehmertum genießt hierzulande aber nicht grad das beste Ansehen. Unternehmen wollen nämlich in der Regel – warum auch immer – Gewinn machen. Das haben auch schon die Bundesregierungen der letzten 20 Jahre begriffen und gewusst: Wirtschaftsfreundliche Politik ist der sichere Weg in den politischen Abgrund. Andererseits braucht es natürlich auch erst mal Gewinne, um daraus Steuereinnahmen zu generieren. Die Regierungen haben daher ein unheimliches Gespür bewiesen, wie man es allen recht machen kann: Für soziale Wohltaten wurde immer mehr Geld bereitgestellt. Für Beschäftigte wurde der öffentliche Dienst immer attraktiver gemacht. Durch Bürokratie wurde den Unternehmen das Investieren im Ausland immer schmackhafter gemacht. Das alles kann man kritisieren – aber der Erfolg gibt der Politik Recht: Bei jeder Bundestagswahl weit über 50 Prozent Wahlbeteiligung!
Wenn aber differenziert werden soll, ist auch klar, dass das zu Lasten des Regierens geht. Zunächst legt das Differenzieren die Regierung lahm: Die Union kann mit der SPD so wenig anfangen wie die SPD mit der Union. Längst wird aber auch innerhalb der verschiedenen Lager differenziert. Jüngste Beispiele: Beim Thema Bürgergeld geht der Riss mitten durch die SPD. Beim Thema Stadtbild geht der Riss jetzt auch mitten durch die CDU. Dadurch hat das Volk die doppelte Sicherheit, dass es in Zukunft viele lustige öffentliche Debatten, aber keinerlei politische Entscheidungen von Tragweite geben wird. Und Parteien brauchen keine klaren Standpunkte mehr. Das macht Parteien wesentlich inklusiver und somit sympathischer. Wer hingegen Ärger will, sollte lieber Unternehmer werden.