Kolumnen

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Freibier für Demokratie

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 14.02.2025

Wie bringt man die Wahlberechtigten an die Urne? Diese Frage beschäftigt im Vorfeld der Bundestagswahl Experten und Ahnungslose. Die längst Vergangenheit gewordene Ampelkoalition hatte eine nachvollziehbare Strategie: Mit der Legalisierung von Cannabis sollte die Zahl der Drogenkonsumenten signifikant gesteigert werden. Und eine Nation von Vollgedröhnten sollte in einem Mix aus Unzurechnungsfähigkeit, verzerrtem Realitätssinn und Dankbarkeit den Ampelparteien die Wiederwahl sichern. Daraus wird bekanntlich nichts. In Duisburg wird nun versucht, die Wähler nicht für bestimmte Parteien, sondern überhaupt für die Wahl zu begeistern. Das Konzept ist ganz simpel: Freibier. Dadurch steht nicht die Wahl an sich nicht im Vordergrund, sondern wird zum Nebenprodukt. Im Fokus steht das Freigetränk. Das soll Leute animieren, den Wahlsonntag nicht komplett auf der heimischen Couch zu verbringen. Die Idee stammt von einem Karnevalsverein. Im Optimalfall findet das sogenannte Vorglühen auf der Couch statt. Dann wird ins Wahllokal gewankt. Was genau gewählt wird, spielt in dem Fall sowieso keine Rolle. Und wer es dann aus eigener Kraft aus der Wahlkabine herausschafft, kriegt noch eine stabilisierende Sicherheitshalbe. Der Ausdruck Wahllokal hätte so ganz nebenbei mal endlich seine Berechtigung.
Das Beispiel sollte Schule machen. Auch und gerade in Städten, in denen die Wahlbeteiligung traditionell hoch ist. Denn nicht nur die Ampelparteien sind in der Krise, sondern auch die Brauindustrie. Der Absatz sinkt und sinkt. Die Ambitionen, sich SPD, Grüne und FDP schön zu saufen, lassen scheinbar schwer zu wünschen übrig. Das Wahlvolk ist nicht nur ernüchtert von der Regierungsleistung, sondern auch bereit, nüchtern den Wahlzettel auszufüllen. Darauf lassen zumindest die Umfragen schließen. Selbstverständlich wird am Wahlabend bei den Wahlverlierern Frustsaufen angesagt sein, während bei den Wahlsiegern der Jubel nicht nur in Dezibel, sondern auch in Hektoliter messbar sein wird. Aber das werden vergleichsweise wenige Menschen sein. Wichtig wäre daher, den Wählern und Wählerinnen vor dem Gang in die Wahlkabine eine Verantwortungshalbe in die Hand zu drücken. Diese Entscheidungshilfe macht die Hand locker und die deutschen Brauereien glücklich. Zu guter Letzt: Der Wirtschaftsaufschwung wäre schon am Wahltag eingeleitet.
Bildung ist ein ewiges Stiefkind der Politik. Und das betrifft längst ganz Europa. Die regelmäßigen PISA-Studien gelten in bildungsnahen Kreisen folgerichtig längst als Barometer der europäischen Doofheit. Germany leistet sich lediglich den Luxus, das Bildungsniveau von Jahr zu Jahr so runter zu schrauben, dass von drei Abiturienten vier ein Einser-Abi haben. Dass dadurch haufenweise junge Leute die Universitäten fluten, die vom Lehrstoff hoffnungslos überfordert sind, tut da nichts zur Sache. Umso schöner ist es, wenn sich hie und da Oasen der Cleverness auftun bei der Jugend. Ein aktuelles Beispiel aus Italien illustriert recht schön, dass es schon noch ambitionierte Teenies gibt. Das Problem ist ja auch nicht die Jugend, sondern die Ignoranz der sogenannten Mächtigen. Vielleicht zieht es aber auch immer öfter gerade die Leute in die Politik, die Regieren als entspannte Alternative zur Realität ansehen. Oder aber deren eigene Bildung sie auch gar nicht für ein Dasein in der Realität qualifiziert.
Jedenfalls war wohl ein 15-Jähriger aus Cesena nicht mit seinem Bildungsstand unzufrieden, sondern mit seinen Noten. Was liegt da näher, als die Benotungshoheit in die eigene Hand zu nehmen? Also loggte er sich in die EDV des Bildungsministeriums in Rom ein und korrigierte zunächst nur seine Noten auf ein für ihn akzeptables Niveau. Der Bub scheint aber auch generell ein Händchen für Verhältnismäßigkeit zu haben. Denn im zweiten Schritt machte er sich auch über die Noten seiner Freunde her. Solidarität gehört als definitiv zu seinem Markenkern, was indirekt auch die Erziehungsmethoden seiner Eltern in ein günstiges Licht rückt. Darüber hinaus wollte er aber auch der Allgemeinheit von Nutzen sein. Da liegt es nahe, vom Kinderzimmer aus via PC die Schiffsrouten im Mittelmeer im Sinne der nautischen Sicherheit zu verändern. Aber wie so oft im Leben: Wenn es richtig effizient und/oder lustig wird, schieben Behörden dem Tatendrang einen Riegel vor. Was kann Deutschland aus dem Fall lernen, falls der Vertrag des Traumschiff-Helden Silbereisen verlängert werden soll? Der gute Florian sollte unbedingt ein Praktikum in Cesena machen. Und wenn er nebenbei auch noch bessere Schulnoten haben will, wird das sicher auch noch erledigt. Als Inflationsausgleich verdient schlussendlich jedes Abi vor 2010 eine Eins vor dem Komma.