Kolumnen

donaukurier

75 Jahre Grundgesetz

Kolumne im Donaukurier, in der Mittelbayerischen Zeitung und der Passauer Neuen Presse vom 24.05.2024

Das Grundgesetz ist eine tolle Sache. Da steht allerhand drin, was den Alltag des Normalbürgers prägt. So was wie „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Oder „Draußen nur Kännchen“. Und natürlich der Klassiker „Bei Beschwerden wenden Sie sich bitte nicht an den Bürgermeister, sondern an Ihren Arzt oder Apotheker“. Wäre die Gesellschaft ein Straßennetz, wäre das Grundgesetz die dazu gehörige Straßenverkehrsordnung. Und dieses formidable Machwerk feiert jetzt sein 75-Jähriges. Das Timing ist allerdings ein bisschen unglücklich geraten. Denn dem Volk liegen ganz andere Themen im Magen: Wirtschaftlich nähert sich Deutschland zügig den Durchschnittwerten von Schwellenländern an. Der FC Bayern muss in der Übungsleiterfrage mit Abstiegstrainern begnügen. Und das unschlagbare Bayer Leverkusen ist eigentlich nur besiegbar, wenn der Gegner ebenfalls aus deutschen Landen kommt. Ganz zu schweigen von der Europameisterschaft vor der Haustür. Gut, durch das Heimrecht war Deutschland automatisch qualifiziert. Einen gewissen Mitleidsbonus hat sich Germany also durchaus erkaufen können. Aber der schon vorhin erwähnte Normalbürger fragt sich, ob die innere Sicherheit gewährleistet ist angesichts vielfältiger Bedrohungsszenarien. Angeblich droht ja nicht nur von fundamentalistischer Seite Ärger. Nein, auch EM-Auftaktgegner Schottland hat eindeutige Absichten bekundet, der deutschen Abwehrreihe auf heimatlichem Terrain Ungemach zu bereiten.
Aber vielleicht muss gerade deshalb jetzt erst recht eine ordentliche Grundgesetz-Party geschmissen werden. Immerhin hat Bundespräsident Steinmeier beim offiziellen Festakt eine Rede gehalten, bei der nach Auskunft etlicher Anwesender sowohl Steinmeier als auch die Zuhörer phasenweise eingenickt sind. Deeskalation und zugleich Zuversicht ausstrahlen – das gehört schließlich zur DNA eines Bundespräsidenten. Wer nicht von Steinmeiers Euphorie angesteckt werden will, kann alternativ am Wochenende das üppige Festprogramm in Berlin besuchen. Auf der Webseite der Bundesregierung ist extra ein Link angegeben, wo die vielen einzelnen Programmpunkte aufgelistet sind. Klickt man auf diesen Link, erscheint „Die von Ihnen gewählte URL kann leider nicht aufgerufen werden“. Das ist konsequent. Wenn schon die Bundesregierung nicht funktioniert, wäre eine funktionierende Webseite schlicht Irreführung.